Denk.Raum.Fresach diskutiert Toleranzbegriff

„Was wir brauchen, ist nicht eine passive, sondern eine starke und aktive Toleranz – lebendiges Interesse, Anteilnahme und die Anerkennung der Andersheit“, sagte der evangelische Bischof Michael Bünker am Freitag bei den Europäischen Toleranzgespräche 2015 in Fresach. Mit seinem Statement führte Bünker die Gäste des Denk.Raum.Fresach in eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Modernität, Menschenrechte und Islam“. http://fresach.org

Toleranz als Privileg der Mächtigen

„Das, was wir gegenwärtig erleben, ist eine wahre Inflation des Kulturbegriffs“, erklärte Sama Maani zu Beginn der Diskussion. Der österreichische Autor mit iranischen Wurzeln kritisierte, dass Kultur und Natur immer öfter gleichgesetzt würden. Sigmund Freud habe hingegen noch klar unterschieden zwischen den beiden Begriffen, indem er von Kultur sprach als etwas, das die Natur des Menschen „unterdrückt“. Der Philosoph Pravu Mazumdar knüpfte mit seinen Ausführungen an jene von Maani an und sprach von Kultur als etwas, das „von uns fabriziert wird“. „Kultur erfinden ist wichtig, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir sie erfunden haben“, so Mazumdar.

Der Kulturbegriff ist in aller Munde – „Leitkultur“, „fremde Kultur“, „Kampf der Kulturen“ -, und gerade deswegen muss er detailliert analysiert und kritisch betrachtet werden, ebenso wie die Toleranz, sagte Mazumdar. Sozialwissenschaftlerin Claudia Brunner zeichnete einen sehr skeptischen und kritischen Blick auf den Toleranzbegriff. Sie sprache von Machtverhältnissen, die sich hinter der Toleranz verstecken und fragte, wer spricht wann, wo, wie, und mit wem über Toleranz. „Toleranz tritt erst dann zu Tage, wenn Konflikte auftreten. Und diese sind wiederum asymmetrisch“, kritisierte Brunner. Politisches werde immer öfter kulturalisiert anstatt sozioökonomische Ungleichheiten zu hinterfragen.

Verantwortung im Umgang mit Religion

Während Brunner die Kulturalisierung des Politischen kritisiert, beobachtet Bünker die zunehmende „Religionisierung“ von gesellschaftlichen Konflikten mit Sorge. „Wir brauchen nicht ein Mehr an Religion, sondern mehr Verantwortung im Umgang mit ihr“, erklärte der Bischof. In Hinblick auf Toleranz und religiös motivierte Gewalt werfen vor allem die jüngsten Geschehnisse in Syrien und im Irak große Fragen auf.

Politische Lösungen für politische Probleme

Nahost-Expertin Karin Kneissl skizzierte in ihrem Statement die historische Entwicklung des politischen Islam und sieht den Grund für die in Arabien zunehmende Islamisierung im dortigen Scheitern aller politischen Ideen der vergangenen 50 Jahre. Sie warnte davor, die Welt in Gläubige und Ungläubige einzuteilen und riet, sich nicht in interreligiösen Dialogen zu verstricken, sondern für politische Probleme auch politische Lösungen zu suchen.

Wie das aussehen könnte, erläuterte Danica Purg, Professorin an der Bled School of Management. Anhand konkreter Beispiele für kreative Ausbildungsmethoden in den ehemaligen Bürgerkriegsgebieten auf den Balkan erläuterte sie, was die Politik und Gesellschaft von modernen Managementmethoden lernen kann. Fotos zur Veranstaltung stehen unter https://fotodienst.pressetext.com/album/3463 zum Download zur Verfügung.

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