Ottomeyer kritisiert Trend zur Ich-AG

Der streitbare Psychoanalytiker Prof. Klaus Ottomeyer warnte in seinem Beitrag bei den Europäischen Toleranzgesprächen 2017 davor, das ganze Leben von der Logik des „Homo Oeconomicus“ bestimmen zu lassen. Er kritisierte, dass Tauschwerte wie Geld oder Gold und deren Akkumulierung heute die wichtigsten Werten in unserer Gesellschaft sind, während Lebenswerte wie Menschenrechte oder Nachhaltigkeit mit einer „Dauerrelativierung“ zu kämpfen hätten. Diese würden beim Streben nach Kapitalvermehrung zwar auch irgendwie mitberücksichtigt, dienten in erster Linie aber als „verkaufsförderndes Mittel“, so der emeritierte Professor der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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„Der vorherrschende Neoliberalismus begünstigt ein Normen- und Wertechaos, das den Menschen Angst macht und den Druck auf jeden Einzelnen erhöht“, warnte Ottomeyer. Vor allem auf dem Arbeitsmarkt herrsche mittlerweile – getrieben von einem exzessiven Leistungskult und Evaluationsdruck – die Angst, rasch und leichtfertig ausgetauscht zu werden. Trumps Credo „You’re fired!“ zeige anschaulich und drastisch, wie eine bestimmte Art von Mitarbeiterverdächtigung salonfähig geworden ist.

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Diese Dominanz des Homo Oeconomicus gehe mittlerweile so weit, dass nicht nur Unternehmen versuchen Marken zu positionieren, sondern sich Einzelpersonen selbst als Marke stilisieren, was Ottomeyer als Absurdität schlechthin analysierte. Man fungiere de facto als „Vorsitzender seines eigenen Fanklubs“, erklärte der Psychoanalytiker, der als Beispiele einer fleischgewordenen Marke Theodor Guttenberg, Karl-Heinz Grasser oder Donald Trump ins Treffen führte. Vor allem in der Politik diene diese fragliche Rückkehr des Authentischen als Antwort auf die zunehmend komplexer werde Welt, mahnte Ottomeyer. (sk)

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