Wenn nichts mehr geht, bedarf es radikaler Veränderung. Dies gilt heute mehr denn je. Doch allein negative Erfahrungen als Ansporn reichen nicht aus. „Für einen Neustart braucht man auch ein Sinn-Bild, also die Vorstellung einer Möglichkeit, wie es in Zukunft besser sein könnte als heute“, sagt Psychotherapeutin und Viktor-Frankl-Preisträgerin Boglarka Hadinger. Wie Veränderung geht, ist Thema ihres Zwiegesprächs „Aufbruch – von wo, wohin und wozu?“ mit dem Journalisten Claus Reitan bei den Europäischen Toleranzgesprächen in Fresach, die dem passenden Motto „Exodus – Auszug aus dem Vertrauten“ gewidmet sind.

Aufbruch nur mit Sinn

Wenn die Ist-Situation geprägt ist von Schmerz und Leid, muss man aufbrechen – eine Binsenweisheit, die so einfach aber nicht funktioniert. „Nur eine negative Motivation genügt nicht. Das führt eher zu Resignation“, betont Hadinger. Wichtig sei es, ein sinnhaftes Ziel vor Augen zu haben. „Die meisten Menschen – und das ist das Problem heute – haben so eine einladende Zukunftsvorstellung für unsere Welt nicht mehr. Da liegt unsere Generationsaufgabe heute.“

Veränderungsprozesse seien nachhaltig, wenn etwas nicht mehr Sinnvolles durch Sinnvolleres ersetzt wird. Laut Hadinger sollte man vor den Zukunftsschritten innehalten und eine Standortbestimmung durchführen, um zu sehen, was bisher erreicht wurde – das gebe Kraft und Zuversicht. „Wenn man alles Bisherige entwertet, wird man keine Kraft zum Aufbrechen haben“, warnt sie. Zudem mahnt die Expertin, bei allen Kurs- und Verhaltenskorrekturen die Identität zu bewahren. „Ein Auszug aus der Misere gelingt nur, wenn man sich innerlich nicht austauschen muss. Leider wird das heute von vielen gefordert, und das mündet in Protest und Starre. Veränderung ist auch so möglich, dass man das eigene Wesen nicht verraten muss.“ Weiter geht’s auf pressetext.

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